Wandbild

Geschichte und Bildinhalte

Während der Sanierungsarbeiten in den Jahren 1992 bis 1996 zeigten sich im Victoriagebäude des Hegel-Gymnasiums an einer Wand unter mehrfachen Farbschichten Teile eines Wandbildes. Dieses wurde teilweise freigelegt.

Das 3-teilige Wandbild wurde 1922 von Fritz Weissenborn gemalt. Dieser war als Kunstlehrer an der Victoria-Schule tätig.
Den Malprozess band er in seinen Unterricht ein. So standen Lehrerinnen und Schülerinnen für die Porträts Modell. Der große Mittelteil des Gemäldes soll wahrscheinlich Tätigkeiten darstellen, welche die Schülerinnen nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung ausüben könnten.

Malweise und Stil

Es handelt sich um ein in mehreren Lagen gemaltes Ölgemälde über einer Bleistiftvorzeichnung. Der Maler ist ganz eindeutig schon von den stilistischen Strömungen seiner Zeit beeinflusst. So arbeitet er recht farbenfroh und expressiv. Insbesondere die Plastizität seiner Figuren und Hintergründe hat er gut beherrscht.

Maßnahmen

Im Jahr 2013 wurde mit Mitteln der Unteren Denkmalschutzbehörde, ein 1,50m breiter Bildstreifen durch die Restauratorin K. Bunzenthal freigelegt und restauriert. Aufgrund des fortschreitenden Bindemittelabbaus der oberen Putzschicht sollte zügig gehandelt werden. Nur so können wir dieses Bild für die Nachwelt erhalten.

einziges historisches Bilddokument in Form einer Postkarte
einziges historisches Bilddokument in Form einer Postkarte

Interview mit Frau Bunzenthal

Dank Frau Hupe bekam ich die Möglichkeit, am Tag der offenen Tür einmal direkt mit Frau Bunzenthal sprechen und ihr so einige Fragen stellen zu können:

Guten Tag, Frau Bunzenthal. Könnten Sie zu Beginn einmal erklären, was genau Sie als Restauratorin überhaupt machen?

Der Beruf des Restaurators hat grundsätzlich erst einmal viele verschiedene Spezialisierungsmöglichkeiten. Meine Fachrichtung sind Architekturfassungen und Wandmalerei. Das Tätigkeitsfeld umfasst Farbuntersuchungen an historischen Gebäuden ebenso wie richtige Restaurierungsarbeiten wie zum Beispiel hier am Wandbild. Früher haben wir auch häufiger alte Dekorationsmalereien in Treppenhäusern wiederhergestellt oder rekonstruiert.

Wenn man sich in der Schule überlegt, was man einmal später erlernen will, ist Restaurierung wahrscheinlich keines der klassischen Studienfächer, die einem zuerst einfallen. Was hat bei Ihnen das Interesse dafür geweckt?

Mein damaliger Freund hat in Potsdam Restaurierung studiert. Ansonsten wäre ich vielleicht auch nicht so darauf gekommen. Zu DDR-Zeiten habe ich in einer Galerie gearbeitet, bin dann arbeitslos geworden und musste mich nach der Wende mit Mitte zwanzig noch einmal neu orientieren. Und so meinte mein Freund damals: „Na dann versuch doch, dich in Potsdam mal zu bewerben.“ Das war ein guter Rat. An der Fachschule gab es zwei Studiengänge – zum einen Restaurierung und zum anderen Farbgestaltung. Ich habe erst einmal begonnen Farbgestaltung zu studieren und dann nach einem Jahr mit einem Praktikum dazwischen zur Restaurierung gewechselt.

Und wie lange arbeiten Sie schon als Restauratorin?

Mittlerweile arbeite ich schon seit fast dreißig Jahren als Restauratorin.

Oh wow! Und ist Ihnen irgendetwas aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben? Stücke, die Sie vielleicht am meisten mochten oder für Sie am Schwersten waren?

Also ja, das ist eine gute Frage… Vor zwei Jahren – das fällt jetzt eigentlich nicht so in den Wandbereich – konnte ich für das Osterburger Museum alte Schießscheiben restaurieren. Diese wurden aus Pappmaché für Schützenfeste hergestellt. Die Sieger wurden eingetragen und die Scheiben dann in den Gastwirtschaften ausgehängt. Sie sind ca.100 Jahre alt. Eine der Scheiben war so kaputt und verschmutzt- am Anfang dachte ich, das ist eigentlich „Müll“ und wahrscheinlich nicht mehr zu reparieren. Das Motiv war eine Ente und dieser fehlte auch noch der Kopf. Es ist mir dann gelungen, diesen nachzumodellieren und die Scheibe in einen ausstellbaren Zustand zu bringen. Eigentlich hat mich das selbst überrascht. Sonst lernt man über diese Arbeit natürlich viele interessante denkmalgeschützte Gebäude Kennen, unter anderem die Burg Kriebstein, das Meisterhaus Klee/Kandinsky in Dessau, die Gartenstadt Reform, … um nur Einiges zu nennen. Nach den 3 Jahren an der Fachschule in Potsdam konnten wir zwei weitere Jahre an der, damals in Potsdam neu gegründeten, Fachhochschule anhängen und so ein Diplom erlangen. Heute gibt es nur noch die Ausbildung an der Fachhochschule. Meinen Fachschulabschluss habe ich im Schloss Rheinsberg gemacht; das Diplom in der Magdeburger Nicolaikirche.

Wenn Sie sich an eine neue Arbeit wagen, müssen Sie sich irgendwie speziell darauf vorbereiten? Das heißt, in die Epoche einlesen, typische Merkmale ausarbeiten oder ähnliches?

Kenntnisse sind ja niemals verkehrt. Man sollte versuchen, alle verfügbaren Informationen zu dem entsprechenden Haus oder Kunstwerk zu erhalten.

Kommen wir nun zu unserem Wandbild. Vorab: Alles in allem, wie lange haben Sie an dem Wandbild gearbeitet?

Fast 8 Jahre lang – von 2013 bis 2021. Aber ich bin ja immer nur so zwei bis drei Monate hier gewesen, nicht das ganze Jahr über. Zudem waren die Seitenbilder und ein Teil des Mittelbildes bereits von Studenten der Fachhochschule Potsdam freigelegt worden.

Wenn man sich alte Fotos anschaut, sieht man ja, dass früher fast gar nichts zu erkennen war! Als Sie dort angefangen haben, wie sind Sie vorgegangen?

Mit einem Skalpell wurden mechanisch die Schichten freigelegt. Die letzte dünne Leimfarbenschicht wurde feucht mit destilliertem Wasser und etwas Salmiakgeist entfernt und nachgereinigt. Durch den unregelmäßigen Farbauftrag war eine weitere Nachreinigung mit einem Glasradierer und Reinigungsschwamm notwendig.

Also ist die Farbe, die wir jetzt sehen, alles die Originalfarbe und die darüberliegenden Schichten wurden abgetrennt?

Genau, das ist das Originalbild. Aber man sieht ja auch, dass Punktretuschen dazwischen sind. Die Schäden am mittleren Bild sahen ein bisschen so aus, als könnten sie von Splitterbombeneinschlägen stammen. Hauptsächlich waren Gipsausbesserungen in diesen Fehlstellen. Diese wurden dann entfernt, mit Putz wieder ergänzt und die ergänzten Bereiche sind mit Punktretuschen geschlossen. Auf einem Bild, wie diesem, ist eine, heutzutage ja umstrittene, Retusche durchaus berechtigt. Zusammenhänge sind ohne diese sonst nur schwer erkennbar. Zudem ist die Retusche durch die verwendete Aquarellfarbe reversibel gehalten und kann jederzeit wieder entfernt werden.

Das klingt ganz schön kompliziert! Was waren für Sie bei dem Bild im Allgemeinen die größten Herausforderungen?

Naja das ist dann der rekonstruktive Bereich. Also wenn Stellen fehlen, sodass man versuchen muss, sich klar zu machen, wie könnte das ausgesehen haben? Es gibt ja ein Foto, eine historische Postkarte. Das Bild ist leider von der Qualität nicht gut. Und dann gilt es eben zu überlegen, was an den fehlenden Stellen gewesen sein könnte und die Retusche so anzupassen, dass sie das Bild ergänzt, aber auch als Retusche erkennbar ist. Das ist schon ein bisschen Herausforderung, macht aber auch Spaß.

Die Postkarte, von der Sie eben gesprochen haben, zeigt ja nur die Mitte. Fiel Ihnen die Arbeit an den Seiten deshalb besonders schwer?

Die Seiten waren, im Gegensatz zum mittleren Teil, in einem besseren Zustand, so dass man nicht so sehr viel ergänzen musste.

Wurde die Arbeit für Sie auch irgendwann einmal etwas langweilig, wenn Sie die ganze Zeit so filigran arbeiten mussten?

Es sind schon teilweise monotone Arbeiten dabei, aber langweilig ist es insofern nicht, da man ja mit der Zeit immer mehr von dem Bild freilegt und sieht. Das ist dann schon spannend. Also als ich dieses Kind, welches auf dem Friedensbild die Klammern hochreicht, angefangen habe freizulegen, da habe ich erst gedacht: „Nanu, jetzt hat der Maler hier so einen Bettler reingemalt?…..bis erkennbar wurde, dass es sich um ein Mädchen handelt. Hierzu muss ergänzt werden, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine Expertise eines Kunsthistorikers für das Bild gab. Gern möchte ich die Gelegenheit nutzen, sehr herzlich Herrn Dr. Pocher, Arzt und Kunsthistoriker aus Güstrow, für dieselbe zu danken. Dadurch konnten viele, das Wandbild betreffende, Fragen beantwortet werden. Ebenso möchte ich an dieser Stelle Frau Göcke und Herrn Keitel von KGM, Herrn Ertl von der Unteren Denkmalschutzbehörde und nicht zuletzt Frau Hupe für Ihre Hilfe und Unterstützung danken. Ohne das Engagement und die Geduld dieser Menschen wäre eine Restaurierung eines so großen Bildes kaum möglich gewesen.

Vielen Dank für diese Abschlussworte. Vielleicht hat Euch dieses Interview dazu inspiriert, noch einmal bewusst unser Wandbild vor dem Bili-Raum aufzusuchen und die Szenen auf Euch wirken zu lassen. Ich bedanke mich recht herzlich bei Ihnen, Frau Bunzenthal, dass Sie sich die Zeit für meine Fragen genommen haben und bei Frau Hupe für die Kontaktaufnahme zur Künstlerin.

Das Interview führte Charlotte Kurth, 11/2