Schüleraustausch Le Havre 2019
Im Sommer 2016 wurde zwischen dem Hegel-Gymnasium Magdeburg und dem Lycée Porte Océane Le Havre eine Austauschvereinbarung unterzeichnet. Dies fand im Rahmen der Feierlichkeiten zum fünfjährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen Magdeburg und Le Havre statt. Es wurde beschlossen, dass die deutschen und französischen Schüler die Partnerstadt besuchen, dass sie in Gastfamilien untergebracht werden und dass sie am Unterricht des Gastgebers teilnehmen sollten.
Dieses Jahr haben wir uns wieder auf den Weg gemacht: Vom 1. bis 6. April 2019 fuhren Magdeburger Schüler nach Le Havre und vom 6. bis 11. Mai besuchten die französischen Schüler Magdeburg.
Der Austausch wurde unter das Thema „Der 2. Weltkrieg und die Folgen“ gestellt. Das Thema bietet sich an, weil sowohl Magdeburg als auch Le Havre im 2. Weltkrieg komplett zerstört wurden und sich dies auch im Stadtbild und der Architektur beider Städte deutlich zeigt.
Zehn Hegelschüler aus den Klassen 10 und 11 (im 4. bzw. 5. Lernjahr Französisch) und zwei Lehrerinnen brachen also am 1. April zu einem Austauschabenteuer auf: Mit dem Zug ging es in acht Stunden nach Paris und nach einem Bahnhofwechsel von dort weiter nach Le Havre, wo die Magdeburger sehr herzlich von den Gastgebern begrüßt und in die Familien gebracht wurden. Wir Lehrerinnen wurden bei einem uns schon vom letzten Mal gut bekannten französischen Kollegen untergebracht.
Am nächsten Tag begleiteten die Schüler ihre Gastgeber in den Unterricht und in die Mensa – sofort wurden Unterschiede zum deutschen Schulsystem deutlich: die Länge der Unterrichtsstunden, die Art des Unterrichts, das gut ausgestattete Centre de Documentation et d’Information (CDI), die höhere Qualität des französischen Mensaessens…
Am Nachmittag begaben sich alle zu einem Empfang ins Rathaus. Von der 17. Etage aus hatten wir dann einen beeindruckenden Blick über die Stadt und den Hafen.
Am selben Tag fand eine teils auf Französisch, teils auf Deutsch gehaltene Stadtführung statt. Dabei wurde den Magdeburgern erklärt, dass die Betongebäude, die das Bild Le Havres bestimmen, von dem Architekten Auguste Perret stammen, der damit den Tausenden von Bewohnern, die seit der Zerstörung in Baracken hausten, ein Leben in modernen und bequemen Wohnungen ermöglichte.
Für den nächsten Tag hatten die Franzosen eine Exkursion an die Landungsstrände der Alliierten organisiert: Die französischen und deutschen Schüler besuchten Omaha Beach und einen amerikanischen und einen deutschen Gefallenenfriedhof. Die Menge der Grabsteine und Kreuze beeindruckte die Schüler, waren doch viele der Gefallenen nicht viel älter geworden als sie selbst. Auf dem Rückweg nach Le Havre machten wir noch Station in Deauville, einem netten Seebad.
Am Tag darauf stand ein Ausflug nach Rouen auf dem Programm, der Stadt, in der Jeanne d’Arc verhört und schließlich hingerichtet wurde. Die Kathedrale war besonders beeindruckend, aber auch die vielen Fachwerkhäuser. Zusammen mit ihren französischen Partnern mussten unsere Schüler die Aufgaben einer Stadtrallye lösen.
Am letzten Tag stand eine Hafenrundfahrt auf dem Programm. Der Hafen ist riesig und wir sahen große Containerschiffe. Auch dieser Ort hat eine historische Dimension: Der Hafen von le Havre war ein Grund für die Bombardierung 1944. Am selben Tag luden uns die Franzosen zu einer Segeltour auf drei Booten ein – ein spannendes Erlebnis und eine Herausforderung an das Geschick der Segelneulinge. Der letzte Abend klang am Stand von Le Havre aus: Die Gastfamilien waren anwesend und hatten für reichlich Essen gesorgt.
Am Abfahrtstag begleiteten uns unsere Gastgeber zum Bahnhof, wo wir den Zug nach Paris nahmen. Es war ein herzlicher Abschied! In Paris angekommen wechselten wir den Bahnhof und nutzten dabei die Gelegenheit, das Viertel um die Opéra zu besichtigen. Am Abend kamen wir erschöpft aber pünktlich und wohlbehalten in Magdeburg an.
Einen Monat später fand schon der Gegenbesuch der elf französischen Schüler mit ihren beiden Lehrern statt. Nachdem sie die Nacht durch gereist waren (mit dem Bus und dem Flugzeug), verbrachten sie den Tag in Berlin, wo sie u.a. den Reichstag und das Holocaust-Mahnmal besichtigten, und kamen am Montag, dem 6. Mai, am Magdeburger Bahnhof an. Das Wiedersehen war fröhlich – schließlich kannte man sich inzwischen gut.
Am nächsten Tag besuchten die Franzosen unsere Schule und nahmen am Unterricht ihrer Austauschpartner teil. Zwei Hegel-Schülerinnen führten die Gäste auf Französisch und Deutsch durch unsere ehrwürdige Schule. Die Franzosen waren sehr beeindruckt von dem schönen alten Gebäude – ist doch das Lycée Porte Océane ein großer und eher kalter Betonbau. Am Nachmittag führten unsere Schüler die Gäste durch Magdeburg. Dabei wurde den Franzosen klar, was die Bombardierung Magdeburgs im Januar 1945 bewirkt hatte.
Am nächsten Tag besuchten die französischen Schüler gemeinsam die Gedenkstätte am Moritzplatz, wo sie durch das Stasi-Gefängnis geführt wurden. Vielen von ihnen war gar nicht klar gewesen, was die Teilung Deutschlands nach den 2. Weltkrieg bedeutete. Sie lernten, dass in diesem Gefängnis nur politische Häftlinge einsaßen und wie schrecklich sich ihr Leben dort gestaltete.
Nach diesem eher bedrückenden Eindruck besichtigten die französischen Schüler die Grüne Zitadelle, das Hundertwasserhaus Magdeburgs, mit seinem vielen Grün und den fehlenden rechten Winkeln…
Für den folgenden Tag war eine Exkursion in den Harz geplant. Mit dem Zug ging es nach Wernigerode. Dort bekamen wir eine interessante Führung. Wir lernten, dass Wernigerode so schön und unversehrt ist, weil es der Zerstörung (durch die Deutschen!) am Ende des Krieges gerade so entging. Nachdem sich der Dunst verzogen hatte, konnte man sogar den Brocken sehen. Die französischen Schüler erfuhren, was der Brocken mit Goethes Faust und der deutschen Teilung zu tun hat.
Den vorletzten Tag des Austauschs verbrachten die Schüler wieder im Hegel-Gymnasium, wo sie mit den deutschen Schülern zusammen an der Erstellung eines Fotobuchs mit passenden Texten arbeiteten. Mittags ging es auf die Elbe: Eine einstündige Schifffahrt zeigte den Franzosen das Stadtbild vom Fluss aus: ein reizvoller Wechsel von Kirchtürmen und moderner Architektur. Am Nachmittag trafen sich alle im Stadtpark zu einem Abschiedspicknick.
Am Abreisetag, dem 11. Mai, brachten wir unsere französischen Freunde zum Zug nach Berlin, von wo sie am Abend das Flugzeug nach Paris nahmen.
Fazit: Es war ein gelungener Austausch, wir haben viel gelernt voneinander und einige Schüler stehen weiter in Kontakt – die Lehrer sowieso, denn wir wollen den Austausch auf jeden Fall weiterführen!
Maria Lührs